Mithilfe des CMS-Detektors forschen Teilchenphysiker*innen aus Deutschland im Rahmen des Forschungsschwerpunkts CMS (FSP CMS) an grundlegenden Fragen zur Beschaffenheit des Universums und der Materie: Was sind die Eigenschaften des Higgs-Bosons? Gibt es neue, exotische Teilchen? Was sind die Eigenschaften des Top-Quarks? Wie verhalten sich die schwache und die starke Wechselwirkung?
All diesen Fragen gehen die Forschenden mithilfe von neuester Detektor-Technologie, die u.a. an den deutschen Instituten im Rahmen des FSP CMS entwickelt werden, nach.
Der CMS-Detektor
Der 14000 Tonnen schwere CMS-Detektor ermöglicht es, die bei Proton-Proton-Kollisionen entstehenden Teilchen nachzuweisen und genau zu vermessen. Der Detektor ist aus mehreren Subdetektoren aufgebaut, die schichtweise und zylindrisch um den Kollisionspunkt angeordnet sind. Dabei kommt jedem Subdetektor eine spezielle Aufgabe zu. So können die Teilchen nicht nur identifiziert, sondern auch ihre Flugbahn, ihr Impuls und ihre Energie genau untersucht werden. Aufgrund der zylindrischen Anordnung verlassen nur wenige Teilchen den Detektor unbeobachtet. Dadurch können die Wissenschaftler*innen ein möglichst vollständiges Bild der Teilchenkollisionen aufzeichnen.
Eine Besonderheit von CMS ist der riesige Solenoid-Magnet, der eine Feldstärke von 3,8 Tesla erzeugt. Er umschließt gleich mehrere der Detektorschichten und erlaubt so eine besonders hohe Präzision bei der Vermessung der Energie, des transversalen Impulses und der Flugbahn der Teilchen.
Die Auswahl der für die Forschenden besonders spannenden Kollisionsereignisse übernimmt anschließend ein ausgeklügeltes System aus Algorithmen, die sogenannten Trigger.
Das CMS-Experiment – Steckbrief
Maße:
- 15 m Höhe, 21 m Länge
- 14000 Tonnen Gewicht
Standort:
- Cessy, Frankreich
Internationale Kollaboration:
- 54 Länder
- 241 Institute
- ~ 5500 Mitarbeiter*innen
Deutsche Beteiligung:
- 5 Institute
- ~ 260 Wissenschaftler*innen
- > 100 Doktorand*innen
- ~ 300 abgeschlossene Promotionen
Das Upgrade
Seit der Inbetriebnahme des LHC konnte der CMS-Detektor eine nie dagewesene Menge physikalischer Daten aufnehmen. Mit diesem Datenschatz konnte das schon vor Jahrzehnten vorhergesagte Higgs-Boson endlich nachgewiesen werden. Dennoch stellt diese bedeutsame Entdeckung nur den Anfang einer langen und aufregenden Forschungsreise dar. Um noch mehr spannende Kollisionsereignisse produzieren zu können und somit das Potenzial für weitere Entdeckungen zu steigern, wurde der LHC in einer mehrjährigen Umbauphase von 2019 bis 2022 modernisiert. Seit Juli 2022 hat der LHC seinen Betrieb mit höherer Energie wieder aufgenommen.
Zeit für einen neuen Detektor
Schon in einigen Jahren steht die nächste große Modernisierung des Large Hadron Colliders an. Der größte Teilchenbeschleuniger der Welt wird ab 2026 zum „High-Luminosity LHC (HL-LHC)“ aufgerüstet. Durch diesen Umbau soll die Kollisionsrate deutlich erhöht werden, um so noch mehr Daten gewinnen zu können. Die Weiterentwicklung des Beschleunigerrings macht allerdings auch ein umfassendes Upgrade des CMS-Detektors notwendig. CMS muss über eine höhere Präzision, Auslesegeschwindigkeit und Strahlungsresistenz verfügen, um auch unter den neuen Bedingungen des HL-LHC weiterhin zuverlässig Daten aufzeichen zu können. Die Erneuerung eines solchen Großdetektors ist allerdings ein wahres Mammutprojekt, welches sich nur durch eine internationale Zusammenarbeit umsetzen lässt. Daher treffen die Wissenschaftler*innen schon jetzt alle Vorbereitungen für das Upgrade. Die deutschen CMS-Gruppen spielen dabei insbesondere bei der Konstruktion der äußeren Endkappen des Pixel-Detektors eine zentrale Rolle.
Aktuelle Forschungsfragen
Bei CMS handelt es sich um einen Teilchendetektor der für die Untersuchung von vielen verschiedenen physikalischen Phänomenen genutzt werden kann. Dabei werden die im Detektor aufgezeichneten physikalischen Prozesse mit den theoretischen Vorhersagen des Standardmodells der Teilchenphysik verglichen, um so herauszufinden, an welchen Stellen das Modell fehlerhaft ist oder durch weitere Theorien ergänzt werden muss.
Die im FSP CMS zusammengeschlossenen Forschungsgruppen fokussieren sich dabei auf die Forschungsfragen in den folgenden Bereichen:
- Untersuchung der Eigenschaften des Higgs-Bosons
- Suche nach supersymmetrischen und anderen exotischen Teilchen
- Vermessung der Eigenschaften des Top-Quarks
- Präzise Vermessung der Eigenschaften der elektroschwachen Wechselwirkung
- Effekte der Quantenchromodynamik
Um diesen Fragestellungen nachzugehen wird am CMS-Experiment hochspezialisierte Soft- und Hardware benötigt, an dessen Weiterentwicklung die deutschen Institute insbesondere im Bereich der Siliziumdetektoren und der Myon-Driftkammern, sowie im Bereich des High-Level-Trigger und dem Grid-Computing maßgeblich beteiligt sind.
BMBF-Forschungsschwerpunkt CMS
Wissenschaftler*innen von fünf deutschen Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen beteiligen sich am CMS-Experiment. Unterstützt werden sie dabei vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) durch die Einrichtung sogenannter Forschungsschwerpunkte (FSPs). Im FSP CMS arbeiten Forschende der RWTH Aachen, der Universität Hamburg, des KIT in Karlsruhe, des DESY in Hamburg sowie des CASUS-Instituts in Görlitz zusammen.
Die deutschen Forschungsteams sind in viele verschiedene Bereiche der internationalen CMS-Kollaboration involviert – vom Bau des Detektors über die Durchführung des Experiments bis hin zur Analyse der gewonnenen Daten. Beim Bau und der Weiterentwicklung des CMS-Detektors sind deutsche Gruppen insbesondere an den Pixel- und Spurdetektoren sowie an den Myon-Driftkammern beteiligt. Unter anderem wurden mehr als die Hälfte aller Module des neuen Pixeldetektors in Deutschland produziert und getestet. Auch beim anstehenden High-Luminosity-Upgrade des CMS-Detektors werden die deutschen Institute einen zentralen Beitrag leisten – zum Beispiel bei der Konstruktion weiterer Module des Tracking-Systems. Darüber hinaus arbeiten die deutschen Forscher*innen sowohl an der Entwicklung des High-Level-Trigger-Systems, welches die Selektion der Daten vornimmt, als auch an der Software und Hardware des internationalen Computing Grids, welches zur Verarbeitung der gewonnenen Daten benötigt wird. Bei der Analyse dieser Daten tragen die deutschen Gruppen wesentlich zur Vermessung der Eigenschaften des Higgs-Bosons, der Top-Quark-Physik oder auch der Suche nach neuen physikalischen Phänomenen bei. Theoretische Physiker*innen aus Deutschland liefern dabei mit Präzisionsvorhersagen zu den Wechselwirkungen im und jenseits des Standardmodells die Grundlage für die Forschung mit dem CMS-Experiment.
Impressionen aus der CMS-Kollaboration
News & Events vom FSP CMS
Wissenschaftlicher Nachwuchs
Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie der Arbeitsalltag von Physiker*innen aussieht, oder was sie an ihrem Beruf mögen? Wir lassen einige Nachwuchskräfte zu Wort kommen.
Die Satzanfänge sind vorgegeben, und werden von den Nachwuchsforscher*innen vervollständigt.
CMS Foto-Wettbewerb
Im Rahmen des Jahrestreffens der deutschen CMS-Gruppen wurde bereits drei Mal der D-CMS-Foto-Wettbewerb durchgeführt. Die ersten drei Plätze wurden durch eine Wahl bestimmt, an der alle D-CMS-Mitglieder teilnehmen konnten.
Die drei Gewinnerfotos von 2021 sind hier zu sehen. Das Copyright liegt bei den Fotograf*innen.
Sprecher des CMS-Forschungsschwerpunkts
"Die Vorbereitungen für den künftigen High-Luminosity LHC und die Phase-2 Upgrades des CMS Experimentes sind in vollem Gange. Große Teile des CMS Detektors werden komplett neu entwickelt und gebaut mit großen Beiträgen deutscher Institute. Damit wird in wenigen Jahren eine neue Ära der Teilchenphysik beginnen wovon wir uns fundamentale neue Erkenntnisse über die Struktur der Materie und des Universums erhoffen."
Prof. Dr. Alexander Schmidt
Professor für Experimentalphysik
RWTH Aachen University