Physiker des ErUM-FSP CMS präsentieren neue Ergebnisse auf der Suche nach schweren Higgs-Teilchen
Auf der Moriond-Frühjahrskonferenz hat die CMS-Kollaboration eine neue Suche nach hypothetischen schweren Higgs-Bosonen vorgestellt [1]. Diese wurde von Teilchenphysikern der Universität Hamburg aus dem ErUM-FSP CMS geleitet.
Das Standardmodell (SM) der Teilchenphysik ist ein Eckpfeiler unseres Verständnisses der subatomaren Welt und liefert präzise Vorhersagen, von denen viele durch die ATLAS- und CMS-Experimente am LHC am CERN getestet wurden. Trotz seiner Genauigkeit kann das SM einige rätselhafte Beobachtungen jedoch nicht erklären, wie zum Beispiel die Frage, warum es mehr Materie als Antimaterie gibt, den Ursprung der dunklen Materie oder die Masse der Neutrinos, was darauf hindeutet, dass es physikalische Prozesse "jenseits des SM" (beyond the SM, BSM) geben muss. Das Zwei-Higgs-Doublette-Modell (2HDM) ist eine Modifikation des SM, die einige der Rätsel lösen kann. Zusätzlich zu dem SM-Higgs-Boson, das 2012 entdeckt wurde, sagt dieses Modell zwei "Vettern" voraus, die als A und H bezeichnet werden. Um den Überschuss an Materie zu erklären, müssten diese neuen Higgs-Bosonen viel schwerer sein als das SM-Teilchen [2].
Auf der Suche nach diesen flüchtigen Teilchen analysierten Hamburger Physiker mehr als 10 Millionen Millarden Proton-Proton-Kollisionsereignisse, die mit dem CMS-Experiment zwischen 2016 und 2018 aufgezeichnet wurden. Sie suchten dabei nach Hinweisen auf Prozesse, in denen ein A-Boson in ein H-Boson plus ein Z-Boson zerfällt; ein Prozess, der graphisch in Abb. 1 dargestellt ist.
Besonderes Augenmerk wurde auf Ereignisse gelegt, bei denen das Z-Boson in ein Paar Leptonen (Elektronen oder Myonen) und das hypothetische H-Boson in ein Paar Top-Quarks zerfällt, die dann im Detektor als sechs Jets (dicht aneinander vorbeifliegende Teilchenbündel) erscheinen. "Nachdem wir in mühevoller Arbeit alles bis ins kleinste Detail vorbereitet hatten, waren wir sehr gespannt darauf, was die Natur in unseren Daten versteckt hatte", sagt Daniel Hundhausen, Doktorand an der Universität Hamburg, der an dieser Analyse mitgearbeitet hat. "Diese spezielle Zerfallskette wird von Theoretikern als "the smoking gun" bezeichnet, da mit ihr die 2HDM-Vorhersagen bestätigt werden könnten", fügt Daniel hinzu. Ein Signal würde sich als Abweichung von den bekannten SM-Prozessen in den Verteilungen der A-Bosonen-Masse und des Z-Transversalimpulses zeigen. Die rote Linie in Abb. 2 zeigt ein Beispiel für eine solche hypothetische Abweichung.
Die Forscher nahmen die Daten sorgfältig unter die Lupe und suchten nach Abweichungen von den SM-Vorhersagen, aber es wurde kein Überschuss gefunden, der ein Signal der schweren Higgs-Bosonen sein könnte. “Wir haben kein statistisch signifikantes Signal gefunden und konnten daher schlussfolgern, dass die A- und H-Bosonen (falls sie existieren) schwerer als bestimmte Grenzen sein müssen", erklärt Matteo Bonanomi, Mitarbeiter der Universität Hamburg und ebenfalls Mitglied des Analyseteams. Diese "ausgeschlossenen Bereiche" sind in Abb. 3 dargestellt. Ein zuvor von der ATLAS Kollaboration gefundener Überschuss [3] konnte nicht bestätigt werden. Matteo fügt hinzu: “Noch haben wir keine Hinweise auf schwere Higgs-Bosonen entdecken können, aber wir werden nun auch die inzwischen neu aufgezeichneten Daten des CMS-Experiments analysieren und damit das 2HDM auch jenseits der jetzt gefundenen Grenzen untersuchen."
[1] CMS Collaboration, CMS-PAS-B2G-23-006 (2023) https://cms-results.web.cern.ch/cms-results/public-results/preliminary-results/B2G-23-006/
[2] T. Biekötter et al., JCAP 03 (2023) 031 https://iopscience.iop.org/article/10.1088/1475-7516/2023/03/031
[3] ATLAS Collaboration, JHEP 02 (2024) 197 https://link.springer.com/article/10.1007/JHEP02(2024)197