
Das Forschungszentrum CERN und Deutschland sind sehr eng miteinander verbunden. Deutschland gehörte im Jahr 1954 zu den Gründungsmitgliedern – nur wenige Jahre nach dem 2. Weltkrieg war das keine Selbstverständlichkeit. Mit dem CERN (kurz für „Conseil européen pour la recherche nucléaire“) sollte ein friedliches, kooperatives Forschungszentrum geschaffen werden, für das die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wieder nach Europa zurückzukehren sollten, die vor Gewaltherrschaft und Verfolgung aus Deutschland und Europa geflohen waren. Deswegen verankerte das CERN von Beginn an das Prinzip „Science for Peace“ als Ziel in der Konvention. Auf dem Forschungsplan stand und steht nichts Geringeres, als die großen Geheimnisse des Universums zu entschlüsseln.
Das CERN hat inzwischen 23 Mitgliedsstaaten und rund 3 500 Mitarbeitende; weitere 12 000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf der ganzen Welt betreiben Forschung am CERN. Mit dabei sind an zentraler Stelle Mitarbeitende und Partnerinstitutionen aus Deutschland. Rund 2 500 Menschen – von Studierenden bis zu Professorinnen oder Professoren – aus verschiedenen Universitäten und Forschungszentren beteiligen sich an dem vielfältigen Forschungsprogramm des CERN. Das größte und bekannteste Projekt ist sicher der Teilchenbeschleuniger Large Hadron Collider (LHC) mit seinen riesigen Detektoren, an dem Teilchen zur Kollision gebracht werden. Hier wurde 2012 das Higgs-Teilchen entdeckt und seitdem präzise vermessen. Aber auch Antimaterieforschung oder die ISOLDE-Anlage gehören dazu, die Strahlen exotischer Isotope für die Kernstrukturphysik, medizinische Physik und Festkörperphysik zur Verfügung stellt. Das nächste Projekt ist der High-Lumninosity LHC, der ab 2029 mit deutlich mehr Kollisionen vertiefte Einsichten bis in die 2040er Jahre liefern soll.

Menschen
- 60 Einrichtungen in Deutschland (Universitäten, Helmholtz-Zentren und Max-Planck-Institute)
- Rund 2 500 Menschen an diesen Einrichtungen forschen am CERN mit
- 1470 davon bei den LHC-Experimenten, organisiert über die Forschungsschwerpunkte zur Erforschung von Universum und Materie („ErUM“)
- Mehr als 1 000 abgeschlossene Promotionen allein bei den LHC-Experimenten
- 45% der Masterstudierenden und Doktoranden gehen nach ihren Arbeiten im Rahmen von CERN-Experimenten in die Industrie; 19% in den öffentlichen Sektor, nur ca. 36% bleiben in Forschung und Lehre
- Zweimal wurde das wichtigste Amt am CERN, das des Generaldirektors, durch deutsche Wissenschaftler besetzt
- Herwig Schopper 1981 – 1988
- Rolf Heuer 2009 – 2015
- In der CERN-Forschung und der gesamten Organisation bekleiden Deutsche wichtige Funktion

Finanzen
- Der CERN-Rat ist das oberste Entscheidungsgremium. Deutschland ist vertreten durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und ein Mitglied der Teilchenphysik-Gemeinschaft
- Mit etwa 21 % des Budgets ist Deutschland der größte Beitragszahler – ca. 269 Millionen Euro pro Jahr[1]
- Zusätzlich rund 30 Millionen Euro pro Jahr für Forschungsprojekte der physikalischen Grundlagenforschung an deutschen Einrichtungen, zum Beispiel in den Forschungsschwerpunkten zur Erforschung von Universum und Materie („ErUM“).
[1] Der Beitrag richtet sich nach dem Bruttosozialprodukt der Länder

Highlights: Eine Auswahl von Deutschlands Beiträgen ans CERN
- Über 400 Beschleuniger-Magnete für den LHC wurden von der Firma Babcock Noell (heute Bilfinger) in Würzburg hergestellt – ein Drittel aller Dipol-Magnete
- 400 LHC-Quadrupol-Magnete wurden von der Firma Accel Instruments GmbH in Troisdorf hergestellt
- Neubau der zentralen Detektoren für das Zukunftsprojekt High-Luminosity-LHC (z.B. wichtige Detektor-Kkomponenten wie Spurdetektor-Endkappen für ATLAS- und CMS-Experimente)
- Neubau oder Upgrade zentraler Detektor-Elemente wie zum Beispiel die Spurendriftkammer (TPC) für das ALICE-Experiment oder den Scintillating Fibre Tracker für das LHCb-Experiment
- Umfangreiches Tieftemperatur-Kühlsystem für Teilchendetekoren von der Firma Infrasolution AG in Langen
- 374 Bäume rund um das neue nachhaltig konzipierte CERN-Mitmach-Museum „Science Gateway“ stammen aus einer Hamburger Gärtnerei
„Mit und für CERN absolute High Tech Komponenten für deren Teilchenbeschleuniger zu entwickeln und zu bauen ist immer eine besondere Herausforderung, aber hilft uns dabei, uns technologisch kontinuierlich weiterzuentwickeln und die neuesten Entwicklungen auf dem Feld der Teilchenbeschleuniger aus erster Hand mitzubekommen."
Michael Pekeler, Geschäftsführer, RI Research Instruments GmbH

Highlights: Was hat Deutschland von der Forschung?
- Wissen: Alle am CERN gewonnenen Erkenntnisse werden der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt
- Menschen: Viele junge Leute, die in der Grundlagenforschung ihre Ausbildung abschließen, setzen ihre Karrieren in so unterschiedlichen Bereichen fort wie IT, Medizintechnik, Energiewirtschaft, Maschinenbau, Finanzwesen, Patentwesen oder in der Unternehmensberatung und bringen dort ihre am CERN gewonnenen Fähigkeiten zum Einsatz
- Smartes Leben: Das World Wide Web ist eine Erfindung des CERN für die bessere Kommunikation von Forschenden auf der ganzen Welt. CERN hat das Web der Welt kostenlos zur Verfügung gestellt. Jetzt ist es aus unserem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken und bildet die Grundlage für zahlreiche Unternehmen
- Krebstherapie: Viele Krankenhäuser betreiben kleine Teilchenbeschleuniger, deren Technologie direkt auf die Forschung am CERN zurückzuführen ist
- Krebsdiagnose: Bildgebende Verfahren wie zum Beispiel Computertomographie nutzen Technologien, die für Teilchendetektoren entwickelt wurden. Auch durch die Produktion von neuartigen Radioisotopen für die Medizin kann Krebs besser diagnostiziert und befallene Zellen zielgenau zerstört werden
- Industrie: Verschiedene in Deutschland ansässige Industrie und Hightech-Firmen haben zwischen 2020 und 2023 rund 164 Millionen Schweizer Franken an Aufträgen für das CERN verdient und dabei ihre Kompetenzen und Wettbewerbsfähigkeit ausgebaut
- Kultur: Teilchenbeschleuniger helfen dabei, Bilder alter Meister oder antike Schriftrollen zu durchleuchten, ohne sie dabei zu zerstören
- Umwelt: CERN treibt Forschungsanwendungen im Bereich Umwelt und Nachhaltigkeit voran; so kooperiert es zum Beispiel mit Airbus, um durch Einsatz supraleitender Technologien zukünftige Flugzeuge emissionsärmer zu machen
„Wir freuen uns über die jahrzehntelange Partnerschaft mit dem CERN, bei der wir unser Fachwissen über supraleitende Magnete einbringen und unsere Fähigkeiten in der Kernfusion, einem entscheidenden Bereich für die zukünftige Energieversorgung, ausbauen konnten. Wir sind fest entschlossen, unsere Zusammenarbeit mit dem CERN und anderen Organisationen fortzusetzen, um diesen zukunftsweisenden Sektor mit unserem Wissen und unseren Dienstleistungen – einschließlich Spezialausrüstungen, Fernhantierung und Abfallbehandlung – weiterhin zu unterstützen.”
Caroline Sagne, President Business Line Nuclear, Bilfinger.
1949 erste Pläne für ein europäisches Kernphysiklabor
1954 offizielle Gründung des CERN in Genf
1957 der erste Beschleuniger Synchro-Zyklotron (SC) läuft an
1959 Forschungszentrum DESY in Hamburg wird gegründet
1959 Proton Synchrotron PS läuft an
1967 erste Experimente an ISOLDE
1976 der Beschleuniger Super-Proton-Synchrotron läuft an
1981 – 1988 Herwig Schopper ist Generaldirektor
1983 Entdeckung der W- und Z-Teilchen
1984 Projektstart LHC, Nobelpreis für Carlo Rubbia und Simon van der Meer
1989 LHC-Vorgänger LEP läuft an
1990 die erste Website geht online
1992 Nobelpreis für Georges Charpak
1995 CERN produziert die ersten Anti-Atome
2000 Ein neuer Materiezustand wird nachgewiesen: das Quark-Gluon-Plasma
2008 LHC läuft an; Magnetpanne sorgt für Verzögerung
2009 – 2015 Rolf Heuer ist Generaldirektor
2009 erste Kollisionen am Large Hadron Collider
2012 Higgs-Teilchen entdeckt
2013 Entdeckung eines birnenförmigen Kerns an ISOLDE
2013 Nobelpreis für François Englert und Peter Higgs
2022 höhere Strahlenergie am LHC
2029 bis ca. 2040 Betrieb des High-Luminosity-LHC